Bei weiter existierender finanzieller Schieflage und einem im Entwurf des Haushaltsplans ausgewiesenen Defizit von mehr als 15,7 Millionen Euro soll nur die Grundsteuer A zur teilweisen Deckung erforderlicher Maßnahmen verträglich erhöht werden + + + Investitionen sind in Höhe von 10,4 Millionen Euro vorgesehen
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BENSHEIM. – Während das neue digitale Abstimmungssystem bei seiner Einführung zur Sitzung der Bensheimer Stadtverordneten am Donnerstag, 11. Dezember, punktuell noch deutliche Defizite aufwies hatte der ebenfalls neue hauptamtliche Erste Stadtrat und Finanzdezernent Frank Daum seine erste „Hausaufgabe“ tadellos erledigt und präsentierte einen Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2026, der bei aller existierender Finanznot hoffnungsvoll stimmt.
Wenn das Stadtparlament Anfang nächsten Jahres den Vorstellungen Daums folgt, dann wird die Grundsteuer B in Bensheim entgegen des ursprünglich vorgesehenen Hebesatzes von 1.275 Punkten bei den aktuellen 1.000 Hebesatzpunkten verbleiben.
Ungeachtet dieser frohen Vorweihnachtsbotschaft bleibt die Finanzlage der Stadt Bensheim angespannt. In diesem Umfeld bewege sich Bensheim allerdings keineswegs alleine, wie der Erste Stadtrat konstatierte.
Gesamtaufwendungen in Höhe von 144.782.113 Euro bei Einnahmen von 128.999.142 Euro
Der von Daum vorgelegte Bensheimer Haushaltsplanentwurf für 2026 sieht Gesamtaufwendungen in Höhe von 144.782.113 Euro bei Einnahmen von 128.999.142 Euro und damit einem Minus von 15.782.971 Euro vor.
„Um die Kosten für Unterhaltung der Feld- und Wirtschaftswege in Höhe von rund 600.000 Euro jährlich, verstärkte Kosten durch Hangrutsche sowie die Kostenübernahme der Flurbereinigung Hemsberg“ zumindest teilweise abfedern zu können, ist eine Anhebung des Hebesatzes für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bei der Grundsteuer A im Gesamtbetrag von 49.000 Euro Mehreinnahmen vorgesehen.
Dies belaste die überwiegende Anzahl der 1.820 betroffenen Grundstückseigentümer jährlich um Beträge unter 10 Euro, zwanzig Eigentümer hätten jährliche Mehrbelastungen zwischen 200 und 400 Euro zu erwarten und weitere elf Eigentümer seien mit Mehrbeträgen zwischen 400 und 715 Euro jährlich betroffen.
72,0% der Gesamtaufwendungen entfallen auf Pflichtaufgaben, 23,9% auf Sach- und Dienstleistungen
Von den Gesamtaufwendungen in Höhe von 144,7 Millionen Euro entfallen immense 72,0 Prozent auf Pflichtaufgaben wie Kreis- und Schulumlage, Personal- und Versorgungsaufwand, Verlustausgleich Kinderbetreuung, Zinsaufwendungen, Abschreibungen, Heimat- und Gewerbesteuerumlage und Verlustausgleich Eigenbetrieb Stadtkultur.
Der größte Anteil der restlichen Aufwendungen macht der Bereich Sach- und Dienstleistungen mit insgesamt 34.527.797 Euro und damit 23,9 Prozent der Gesamtaufwendungen aus.
Insgesamt stehen der Stadt Bensheim somit gemäß dem Haushaltsplanentwurf lediglich 4,1 Prozent des Ergebnishaushalts, und damit „ein verschwindend kleiner Anteil“ zur freien Selbstverwaltung zur Verfügung. Im Finanzhaushalt sind investive Einzahlungen in Höhe von 1.024.650 Euro und Auszahlungen von 10.447.388 Euro vorgesehen. Im Planungszeitraum 2026 bis 2029 ist eine Konsolidierung durch Schuldenabbau in Höhe von 5,13 Millionen Euro vorgesehen.
Mit der Kommunalaufsicht des Kreises Bergstraße sei der vorliegende Entwurf des Haushaltsplans bereits abgestimmt, und von dort sei Einvernehmen signalisiert worden, wie der Finanzdezernent bekundete.
„Die Einnahmen stagnieren und sind mittelfristig unsicher, zeitgleich explodieren die Ausgaben“
„Die finanzielle Situation der Kommunen in der gesamten Bundesrepublik ist sehr angespannt“, sagte Daum und ergänzte: „Die Einnahmen stagnieren und sind trotz jüngster positiver Steuerschätzung mittelfristig unsicher. Zeitgleich explodieren die Ausgaben.
Hinzu kommt eine mancherorts marode Infrastruktur – insbesondere bei Schulen und Bauwerken. Die 4,7 Milliarden Euro für die hessischen Kommunen aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität mildern zwar die Symptome in den nächsten Jahren, helfen aber langfristig nicht. Im Gegenteil. Die Folgekosten der Investitionen schmälern den Handlungsspielraum der Zukunft.“
„Ausgestaltung ihrer Aufgabenwahrnehmung kritisch hinterfragen“
Deshalb sei jetzt eine langfristig tragfähige und zielgenaue Lösung zu suchen und schnell und konsequent anzugehen. Die Kommunen müssten unabhängig davon generell die Ausgestaltung ihrer Aufgabenwahrnehmung kritisch hinterfragen: „Was brauchen wir unbedingt?; Was gehört zu unserer kommunalen Identität?; Was erwarten Bürger von >ihrer< Kommune?; Was müssen wir jetzt ändern, damit wir langfristig lebensfähige Kommunen mit wichtigen Dienstleistungen für Bürger, Vereine, Unternehmen etc. haben?“
Aber auch für Bund und Land gelte: „Wer bestellt muss auch bezahlen! Viele Kommunen können künftig nicht mehr alle Probleme alleine lösen und arbeiten heute schon über Gemeindegrenzen hinaus zusammen.
„Freiwillige Gemeindefusionen werden mittelfristig nicht mehr vermeidbar sein“
Interkommunele Kooperationen werden künftig noch weiter ausgebaut und intensiviert werden müssen, gerade auch, weil neben finanziell knappen Kassen Fachpersonal zur Erledigung auch grundlegender Aufgaben immer stärker fehlt. Auch freiwillige Gemeindefusionen werden daher mittelfristig nicht mehr vermeidbar sein“, ist Frank Daum sicher.
„Die Kommunen haben – auch unter Berücksichtigung der Inflation und des enttäuschend geringen Wirtschaftswachstums – weniger ein Einnahmenproblem. Problematisch sind vor allem die rasant wachsenden Ausgaben, ohne dass die Kommunen darauf einen wesentlichen Einfluss haben.
„Wir erwarten grundlegende Reformen“
Wir erwarten, dass die Länder ihrer Aufgabe nachkommen, eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Städte, Landkreise und Gemeinden sicherzustellen und eine Nachsteuerung der Finanzausgleiche vornehmen. Wir erwarten vom Bund, der als Gesetzgeber für einen Großteil der Belastungen der Kommunen federführend verantwortlich ist, dass er nun zügig seinen Lösungsbeitrag zur kommunalen Finanzkrise leistet.“
Die Zeiten weitgehend ausgeglichener Kommunalhaushalte seien vorbei. „Defizite, Nothaushalte, harte Konsolidierungsdiskussionen gehören zur neuen Realität in den Rathäusern und Landratsämtern. Die Kommunalpolitik muss mit den Finanzproblemen vor Ort umgehen.
Der eigene Gestaltungsspielraum der Kommunen reicht aber bei weitem nicht aus, um die strukturelle Unterfinanzierung zu lösen. Denn Gesetze werden auf Bundes- und Landesebene gemacht, hier erwarten wir grundlegende Reformen“, appellierte Daum an Wiesbaden und Berlin.
Ausführlicher weiterer Bericht zur Stadtverordnetenversammlung folgt.













