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„Wenn sich zwei starke Frauen finden, erblüht die Rosenhöhe wieder in vollem Glanz“

Sabrina Burghardt, hier vor dem Eingangsportal zum Bad Königer >Pflegezentrum Rosenhöhe<, rettete mit Mut und dem Vertrauen auf eigene Erfahrung und Leistungsfähigkeit 240 Mitarbeitenden den Job und 250 Pflegeheimbewohnern deren Domizil. Foto: mk-Presse / er

Rund 240 Mitarbeiter und 250 Bewohner von zwei insolventen Alten- und Pflegeeinrichtungen samt dem Caterer >Kochen mit Herz< von der Bad Königer Rosenhöhe-Einrichtungsleiterin Sabrina Burghardt mit tatkräftiger Unterstützung von Insolvenzverwalterin Sylvia Rhein in Eigenregie übernommen

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BAD KÖNIG / GÜNTERFÜRST. – Es klingt wie in einem modernen Märchen: eine leitende Angestellte springt in die Bresche, wenn ihrer Firma, einer externen Holding, die als einer der führenden Betreiber von Senioreneinrichtungen mit gut 3.000 Mitarbeitenden an mehr als 40 Standorten in der Bundesrepublik rund 4.000 pflegebedürftige Menschen betreut, die Luft, sprich das Geld ausgeht.

Genau ein solches „Märchen“ wurde in den vergangenen fünf Monaten im Odenwald zur Realität: Sabrina Burghardt, langjährige Einrichtungsleiterin der Alten- und Pflegeheim Rosenhöhe GmbH in Bad König, hat neben dieser Einrichtung zwei weitere Unternehmen aus der Insolvenz heraus übernommen und damit alle 240 Arbeitsplätze gesichert und auch allen 250 Bewohnern den Pflegeplatz erhalten.

28 der mehr als 40 Senioreneinrichtungen von Argentum Pflege Holding GmbH insolvent

Die am 01. April dieses Jahres von der in Bad Homburg ansässigen Argentum Holding GmbH für 28 ihrer mehr als 40 Senioreneinrichtungen beantragte Insolvenz wurde nach zweimonatiger Prüfung am 01. Juni vom Insolvenzgericht Darmstadt eröffnet.

Das betraf im Odenwald neben der Bad Königer >Alten- und Pflegeheim Rosenhöhe GmbH< sowie der ebenfalls hier ansässigen Versorgungseinrichtung >Kochen mit Herz GmbH< auch die im Erbacher Stadtteil Güntherfürst beheimatete Eingliederungshilfe Vita GmbH.

Begründet wurde die Insolvenz der 28 Einzelunternehmen durch die Holding mit „einem Reorganisationsprozess, aufgrund Fachkräftemangels, steigenden Betriebskosten, bürokratischen Hürden und unzureichender Finanzierung“.

Auch wenn die leitenden Mitarbeiter in Bad König aufgrund mehrmaliger Geschäftsführer-Wechsel in der Holding und immer häufiger auftretender Mahnungen aufgrund einer sich stetig verschlechternder Zahlungsmoral des Mutterkonzerns die tägliche Post nur noch ungern öffneten und die Märzgehälter für alle Mitarbeiter ausgeblieben waren, traf die offizielle Mitteilung der beantragten Insolvenz erst am 02. April und damit nachträglich wie ein Blitz in der >Rosenhöhe< ein.

„Alle waren geschockt“

„Wir alle waren geschockt“, schildert Sabrina Burghardt die damalige Situation in ihrem Team wie auch unter den Bewohnern und deren Angehörigen. „Neben der Sorge unserer Bewohner um deren Domizil wuchsen selbstverständlich bei allen Mitarbeitenden auch die Ängste um deren Jobs. Dies nicht zuletzt deshalb, weil teilweise ganze Familien in und mit unserem Team arbeiten und plötzlich ohne Geld dastanden“, weiß die Einrichtungsleiterin um die für alle Beteiligten damals beklemmenden Tage.

„Dennoch sind alle geblieben, keiner der Mitarbeiter hat das gekenterte Schiff verlassen“, lobt Sabrina Burghardt den Zusammenhalt in ihrem Team und ergänzt: „Viele Mitarbeitende hier sind 15 Jahre und länger dabei und da ist das Gemeinschaftsgefühl ein großes Faustpfand. Alle von ihnen haben wochenlang größtenteils auf ihren Lohn warten müssen und blieben trotzdem bei fast voller Auslastung des Hauses mit Herz und Seele bei der Arbeit.“

Angst vor Übernahme durch eine große Pflegekette mit möglichem Personalabbau

Die Angst im Team fokussierte sich in der Folge vor allem darauf, dass eine große Kette die Einrichtung übernehmen könnte und das mit Personalabbau und weiteren Einschneidungen in der >Rosenhöhe< wie auch in der >Vita GmbH< einher gehen könnte.

Zwar habe die Bensheimer Insolvenzverwalterin Sylvia Rhein schon bei ihrem ersten Besuch in Bad König während einer Mitarbeiterversammlung ein Gefühl der Entspannung unter den Betroffenen ausgelöst, eine Lösung sei freilich noch längst nicht in Sicht gewesen. Dies freilich auch dann nicht als nach einigen Wochen über das Insolvenzgeld wieder erste Gehaltszahlungen geflossen sind.

Vier große Unternehmen waren an der Übernahme interessiert

In der Folge gab es vier Übernahme-Interessenten, alles große Unternehmen, die bereit waren sowohl die beiden Bad Königer Unternehmen als auch die Günterfürster Einrichtung weiterzubetreiben. Zwei von diesen seien in der engeren Wahl gewesen als nahezu zeitgleich bei Sabrina Burghardt wie auch aus dem Mitarbeiter-Team der Gedanke aufkam, man könne die Einrichtung ja auch selbst übernehmen, zumal das Haus ja ohnehin auch seither schon nahezu autark unter ihrer Leitung geführt wurde.

„Ich hielt diesen Gedanken zunächst aber dennoch für völlig abwegig“, erinnert sich die Einrichtungsleiterin an diese Zeit, beschäftigte sich allerdings trotzdem mit dieser Überlegung und besprach die Situation mit ihrem Mann Mathias, der als Techniker schon seit 24 Jahren in der Rosenhöhe arbeitet.

„Er kennt jeden Winkel und jede Schraube des gesamten Areals mit gut 9.000 qm Wohnfläche“, weiß die gelernte Krankenpflegerin Sabrina Burghardt, die selbst 19 Jahre in unterschiedlichen Leitungsebenen der Rosenhöhe arbeitet und seit gut sechs Jahren die Einrichtung leitet. „Und er hat mich in der Überlegung bestärkt, das Haus zu übernehmen.“

Alle drei Unternehmen arbeiten bei fast voller Auslastung profitabel

Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass alle drei Unternehmen fast komplett ausgelastet waren und nach den Erkenntnissen der Insolvenzverwalterin profitabel arbeiten können. Das gab letztlich zusammen mit dem nach wie vor hochmotivierten Team den Ausschlag, dass die Bensheimer Insolvenzverwalterin grünes Licht für eine übertragende Sanierung zum 01. September gab, um den Fortbestand durch stabile Strukturen zu sichern.

„Insolvenzverwalterin Sylvia Rhein ist das Beste, was uns passieren konnte. Sie ist die absolute Sanierungsexpertin und will, dass es lange für alle Beteiligten weitergeht. Sie ist, nach dem was man so hört, der Goldfisch im ansonsten großen Haifischbecken der Insolvenzverwalter“, schildert Sabrina Burghardt rückblickend die Situation und freut sich auch über das stets unterstützende, weil tatkräftige Mitwirken ihres gesamten Teams. „Selbst die Bewohner samt deren Angehörigen standen komplett hinter der Führung, waren komplett auf unserer Seite“, sagt sie freudestrahlend.

Unterstützung auch durch Sparkasse Odenwaldkreis und Bürgschaftsbank Hessen

Einen wesentlichen Beitrag habe nach intensiven Gesprächen zur Finanzierung des Übernahme-Vorhabens auch die Unterstützung der Sparkasse Odenwaldkreis und der Bürgschaftsbank Hessen geleistet, schildert Sabrina Burghardt die umfangreiche Arbeit der letzten Wochen und Monate.

Schlussendlich hätten noch die Immobilieneigentümer, eine Berliner Investorengruppe, ebenso von der Betriebs-Übernahme überzeugt werden müssen, wie die Darmstädter Betreuungs- und Pflegeaufsicht beim Hessischen Amt für Versorgung und Soziales. In beiden Fällen sei sie auf kooperative Gesprächspartner getroffen, die sich der Übernahme nicht in den Weg stellten, sie vielmehr unterstützten.

Gegen zwei große Wettbewerber durchgesetzt

„So konnte ich mich als seitherige Angestellte des Unternehmens bei der Bewerbung um die Fortführung der ohnehin seither schon funktionierenden Einrichtungen gegen letztlich zwei verbliebene große Wettbewerber durchsetzen“ freut sich Sabrina Burghardt mit dem Ziel „das Haus weiterhin zum Wohle der Bewohner gut zu führen und diesen möglichst lange unter einem gemeinsamen Dach ein Zuhause bieten“ zu können.

Letztlich dauerte es von der Übernahme-Entscheidung bei Sabrina Burghardt bis zur Eintragung der drei neuen GmbHs gerade einmal drei Monate. Expansionsgelüste habe sie allerdings nicht versichert die jetzige Chefin der neuen Firmen, „denn ich habe gerade genug zu tun in drei Unternehmen mit 240 Mitarbeitenden und 250 Heimbewohnern“. Auch belege sie keine Betten „die wir nicht versorgen können“.

Die Angehörige eines Heimbewohners ist ebenfalls voll des Lobes über „die letztendlich beste Lösung für alle Beteiligten“ und spricht mit Bezug auf die neue Chefin Sabrina Burghardt und Insolvenzverwalterin Sylvia Rhein von „zwei starken Frauen, die sich gefunden haben, um die >Rosenhöhe< wieder in vollem Glanz erblühen zu lassen“.

240 Mitarbeitende und 250 Heimbewohner in drei Unternehmen

200 Bewohner der neuen >Pflegezentrum Rosenhöhe BK GmbH< Bad König, von denen im Fachbereich Unico knapp 40 pflegebedürftige Bewohner mit psychischen Erkrankungen untergebracht sind, werden von 160 Mitarbeitern betreut.

Die neu gegründete >Vita-Lebensweg GmbH< in Günterfürst beherbergt 50 Suchtkranke in einer stationären Eingliederungshilfe mit Unterstützung zum selbstbestimmten Leben. Diese werden von 40 Mitarbeitern versorgt.

Die ebenfalls neue >Kochen mit Herz & Seele BK GmbH< verpflegt mit rund 40 Mitarbeitern die Bewohner der Rosenhöhe wie auch die Bewohner der Vita-Lebensweg GmbH mit täglich frischen Mahlzeiten und sorgt für die Reinigung sowie den Wäscheservice der beiden Pflegeeinrichtungen.

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