Der Bendheim-Platz, wo bis zum 10. November 1938 die Bensheimer Synagoge stand. Foto: Pressedienst Bensheim
Veranstaltung am Montag, 10. November, unter der Überschrift „Legalisierter Raub“
Pressedienst Bensheim
BENSHEIM. – Am Morgen des 10. November 1938 brannten Bensheimer SS-Leute die große Synagoge nieder. Abends fanden Aktionen gegen jüdische Wohnungen und Gewerbebetriebe statt.
Schon vor diesem Datum haben die Nationalsozialisten jüdische Menschen diskriminiert und verfolgt. Doch in dieser Nacht begann die offene, systematische Judenverfolgung.
Das Gedenken an die Novemberpogrome findet auch in diesem Jahr wieder am 10. November statt – organisiert vom Auerbacher Synagogenverein mit tatkräftiger Unterstützung des Eigenbetriebs Stadtkultur der Stadt Bensheim.
Die Veranstalter freuen sich, dass erneut Schüler den Abend mitgestalten. Von der Liebfrauenschule und dem Goethe-Gymnasium Bensheim kommen Beiträge und Musik.
Die Veranstaltung steht unter der Überschrift „Legalisierter Raub“ und nimmt direkt Bezug auf die staatlich initiierten Plünderungen und Enteignungen, die in und nach der Reichspogromnacht immer unverfrorener wurden. „Doch es reicht nicht, wenn wir den Blick nur zurückrichten“, sagt Ursula Schlosser, Vorsitzende des Auerbacher Synagogenvereins.
„Wir spüren, wie nah uns diese Geschichte ist und wie vieles von damals wieder präsent zu sein scheint.“ Uns allen sollte Sorgen machen, dass viele bereit sind, sich offen und unverstellt autoritären und militanten Optionen zu verschreiben – von rechts und von links, betont Ursula Schlosser.
Bei der Veranstaltung am 10. November wird von Schülern des Goethe-Gymnasiums unter dem Titel „Die Ausplünderung der jüdischen Bensheimer“ anhand von Einzelschicksalen verdeutlicht, was damals in der direkten Nachbarschaft geschah. Die Strukturen, die dies ermöglichten, wird Thilo Figaj mit seinem Gedenkvortrag aufzeigen.
Unter dem Titel „Die Enteignung und Beraubung der Juden im NS-Staat und die gesellschaftlichen Profiteure“ wird er darstellen, dass „der Raubzug durch die jüdische Bevölkerung kein isoliertes Verbrechen weniger Funktionäre war – er wurde von weiten Teilen der Gesellschaft getragen. Behörden, Unternehmen, Banken, Museen und Privatpersonen profitierten oder wirkten aktiv mit“, so Figaj.
Damit wurde der Raub jüdischen Eigentums zu einem gesamtgesellschaftlichen Prozess, der zeigt, wie Mitverantwortung und Schweigen das Unrechtssystem aktiv stützten. Thilo Figaj ist Vorsitzender des Heimat- und Kulturverein und Initiator des Dokumentationszentrums Landjudentum in Lorsch.
Er ist mit der Materie also bestens vertraut und betont, dass auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Folgen der nationalsozialistischen Enteignungen spürbar blieben, denn viele geraubte Besitztümer wurden nicht zurückgegeben.
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Raubpolitik wirkten weit über die „Stunde Null“ hinaus und prägen bis heute die Auseinandersetzung mit Verantwortung, Erinnerung und Gerechtigkeit. „Die Folgen dieses Zivilisationsbruches wurden kaum geheilt und sind bis heute spürbar“, erläutert Thilo Figaj.
Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Forum der Liebfrauenschule, danach folgt ein kurzes Gedenken gegenüber auf dem Bendheim-Platz, wo bis zum 10. November 1938 die Bensheimer Synagoge stand. Der Abschluss wird begleitet von Schülerinnen der Liebfrauenschule.












